Eine Empfehlung von Nico Bleutge
Unterwegs in der Verformung
Schöffling & Co., Frankfurt a.M. 2024, 92 Seiten, 22 Euro
Die Geburt eines Kindes hebt das Dasein der Eltern aus den Angeln. Dieser Satz formuliert nicht nur gelebte Erfahrung, er gehört auch zu den Klischees im Schreiben über Elternschaft. Ron Winkler jongliert mit solchen Klischees und speist sie lustvoll in das Ironiemaschinchen seiner Gedichte ein. Von »Vaterwildnis« ist hier die Rede, das Doppelstockbett wird zum »Doppelschockbett« – und der Sprecher besingt seinen »Restbestand an Tränen, Schnaufen, Keuchen, Karcheln, Röcheln, Japsen, Hecheln, Schniefen«. Das Faszinosum des Bandes aber besteht darin, dass es Winkler bei aller ironischen Grundierung immer wieder gelingt, vertraute Zuordnungen zu sprengen. Und zugleich unsere Gegenwart zu reflektieren (und zu zeigen, wie sie die Zukunft der Kinder vorbestimmt). Dieses Spiel mit Grenzziehungen senkt er auch in die Form ein. Es sind Prosagedichte im besten Sinne, die von unterschiedlichen Rhythmen, Satzarten und Zeilenbrüchen leben. So kommen sich »Poesie« und »Dynastie« ganz nahe.