Anna Świrszczyńska: Ich habe eine Barrikade gebaut | Budowałam barykadę

Eine Empfehlung von Anja Utler

Anna Świrszczyńska
Ich habe eine Barrikade gebaut | Budowałam barykadę

Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Polnischen übersetzt von Peter Oliver Loew. Mit Photographien von Eugeniusz Lokajski. Secession, Berlin 2024, 249 Seiten, 25 Euro

»Wir beweinen die Stunde, / als alles begann, / als der erste Schuss fiel. // Wir beweinen die dreiundsechzig Tage / und dreiundsechzig Nächte / Kampf«. Die Sanitäterin und Dichterin Anna Świrszczyńska entfaltet den Warschauer Aufstand 1944 als Tableau der Not, in knappen, präzisen Szenen. Wir sehen Verwundete, Kinder, Alte, »sie gehen sie strömen / wie Blut aus den Schlagadern der Stadt«, verlieren ihr Leben, verlieren einander. Und bleiben doch Menschen, die sich im anderen erkennen (»Feind, auch du hast Angst gehabt«), ja sich für die Erlösung opfern würden: »Könnten alle Kugeln dieser Welt / mich treffen, / dann würden sie niemand anderen mehr treffen können.« Historische Klarheit wird zur Basis für einen universalistischen Ausblick: Gewalt kennt nur Verlierer. Verlag und Übersetzer ist zu danken, dass sie uns dieses zentrale Werk der polnischen Literatur jetzt übergeben. Die Gedichte wirken unheimlich, kaum vergangen, zu durchlässig zur Gegenwart. Wer sie liest, versteht mit dem ganzen Körper, warum in diesen rechtsdrehenden Zeiten die Devise sein muss: Wehret der Fortsetzung.

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