Tadeusz Dąbrowski: Wenn die Welt schläft. Gedichte 2015–2021

Eine Empfehlung von Ilma Rakusa

Tadeusz Dąbrowski
Wenn die Welt schläft. Gedichte 2015–2021

Ausgewählt und aus dem Polnischen übersetzt von Renate Schmidgall. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2022, 95 Seiten, 22 Euro

»Seit Jahren sah es nach Regen aus, / heute flogen durch ihr Gesicht / ein paar tote Schwalben.« So lakonisch schreibt Tadeusz Dąbrowski in seinem Gedichtband Wenn die Welt schläft über verflossene Lieben und erinnerte Städte, über das Fotografieren und die Wahrheit, die manchmal mitten durch ein Wort verläuft. Nichts entgeht dem Blick dieses Anatomen des Alltags. Wobei Dąbrowski nicht nur Erlebtes, sondern die Sprache selbst unter die Lupe nimmt: »Es ist gefährlich, / zu viele Wörter zu kennen. // Jedes von ihnen hat seine / zweite Seite, die ebenfalls / eine zweite Seite hat, / und so weiter ohne Ende. // Ein Spiegelkabinett der Wörter. // [...] Wörter mit Ohren / nach innen.« Die Mischung aus Gedankenschärfe und Bildlichkeit macht den Reiz von Dąbrowskis Gedichten aus, die aus kleinen Episoden weite Denkräume entfalten und immer wieder überraschende Wendungen nehmen. Mit ihrem teils ironischen Erzählton stehen sie in bester polnischer Tradition: Sowohl Zbigniew Herbert wie Adam Zagajewski ist ein Gedicht gewidmet.

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