Michael Stavarič: Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit

Eine Empfehlung von Daniela Strigl

Michael Stavarič
Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit

Limbus, Innsbruck / Wien 2023, 96 Seiten, 15 Euro

Der Dichter aus Brünn (Mähren liegt am Meer) hat sich in die See verliebt und ganz offenkundig auch in eine Frau, die ihn warnt: »Aus dem Wasserhahn im Zimmer nebenan ströme / der Ozean. Ich dürfe niemals vergessen, / ihn ordentlich zuzudrehen, sonst wäre es mit dem / geregelten Leben in dieser Stadt schlagartig vorbei.« Genau das passiert dann aber, die beiden wohnen am Strand und führen ein handfestes, naturgemäß feuchtes Liebesleben, das immer wieder aus der Alltäglichkeit ins Surreale kippt. Die Jukebox funktioniert mit Muschelmünzen, ein Haus wird mit dem Angelhaken ergattert, die Sonne lässt sich dimmen »wie eine alte Leselampe.« Ein Zyklus von 51 Gedichten (für jede Woche eines – nicht ganz) oder doch ein Epos? Michael Stavarič durchsetzt die große Oper von Brandung und Gischt mit echtem Plastik, ironischen Zwischentönen und schalkhaftem Witz. Dabei verliert er die nackte Wirklichkeit der Liebe nicht aus den Augen: »Wir versprachen uns bald nichts mehr, dafür hatten wir ein Leben / lang den Mund viel zu voll genommen.«

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