Marieke Lucas Rijneveld: Kalbskummer. Phantomstute

Eine Empfehlung von Daniela Strigl

Marieke Lucas Rijneveld
Kalbskummer. Phantomstute

Niederländisch – Deutsch. Übersetzt von Ruth Löbner. Suhrkamp, Berlin 2022, 221 Seiten, 25 Euro.

Die Fragen, denen sich ein geschlechtlich volatiles Ich in diesen episch ausgreifenden Gedichten stellt, sind von existenzieller Wichtigkeit, immer dringlich, meist komplex, mitunter schlicht: »Warum bin ich auf der Welt? Warum / haben Donuts Löcher? Warum verwirrt es Schnecken nicht, dass sie / zweigeschlechtlich sind? Warum raste ich so schnell aus?« In immer wieder verblüffenden Bildern, Szenen und Gedankensprüngen beleuchtet Marieke Lucas Rijneveld das Erwachsenwerden auf dem Lande, Körpernöte und Sensationen, die Suche nach Haus und Zuhause und dem Kern des Wohlbefindens, das Leben mit Tieren, verständigen und unverständigen Menschen, den Tod. Die Übersetzung von Ruth Löbner folgt der prosaischen Spröde wie der opulenten Phantasie, der zärtlichen Grausamkeit und dem unerhört beweglichen Blick, von tiefer Traurigkeit zu aberwitziger Lakonik – »Warum wir nicht fallen«: »Hochhäuser sind über die ganze Stadt verteilt wie Sprungbretter. Der kleine / Moment des Schwebens ist zu kurz, als dass er die Landung wert wäre.«

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