Eine Empfehlung von Kerstin Preiwuß
Kasala für meinen Kaku & andere Gedichte / Kasala pour mon Kaku et autres poèmes
Französisch – Deutsch. Übersetzt von Elisabeth Müller. Ritter, Klagenfurt / Graz / Wien 2022, 173 Seiten, 23 Euro
Ein »Kasala« ist ein trauernder Lobgesang, an den Mujila sich angesichts des Todes seiner Urgroßmutter (oder des Urgroßvaters, kaku) erinnert, und den er über die koloniale Stellvertretersprache Französisch heraufbeschwört, denn »ich habe beschlossen, das Ein-Mann-Orchester meines Schicksals zu sein«. Hier spricht kein einsames, um sich selbst kreisendes Ich, sondern auch dessen Familie, reden Vorfahren und Ahnen mit über »ein Land, das Blut pisst«. Kasala für meinen Kaku erfindet Erinnerung für die Gemeinschaft neu und holt die Flüsse dieser Welt »in die Mäander des kollektiven Gedächtnisses«. Dichtung ist hier nicht nur Rede und Abglanz mündlicher Überlieferung, sondern kreisender Singsang, damit Sonne und Mond im Mund aufgehen. Ein Klanguniversum, dem Wesen nach freudig. Gesänge der Selbstermächtigung, um den Wesen und Dingen ihre Würde zurückzugeben. Dichten, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Dichtung als Kommunikation mit dem Unsichtbaren, als Beschwörung durch Lachen. Der Kaku lebt zu jeder Zeit, in keinem Jahr fehlt seine Stimme.