Ursula Krechel: beileibe und zumute

Eine Empfehlung von Christian Metz

Ursula Krechel
beileibe und zumute

Jung und Jung, Salzburg 2021, 112 Seiten, 20 Euro

So viel Schönheit: Die »Widerstandslinie der Schönheit«, »Das mag schön und gut sein« lauten die Gedichttitel von Ursula Krechels Band beileibe und zumute. Obwohl sie mahnt: »Schönheit kommt und geht vor dem Fall«, geht Krechel in diesem luziden Band systematisch aisthetischen Fragen nach. Zumal wir – Neurowissenschaften hin, empirische Ästhetik her – weiterhin nur über eine rudimentäre Wahrnehmungslehre des Schönen verfügen. Oder wie Krechel diesen Befund wendet: »genau genommen wissen wir wenig / oder nur was zum einen Ohr reingeht / und durch die Dunstabzugshaube raus.« Diese Wissenslücke eröffnet Krechel den Möglichkeitsraum, um mit Hilfe kognitiver Spekulationen eindrücklich vor Augen zu führen, wie komplexe Wahrnehmungen zur poetischen Erfahrung des Schönen verarbeitet werden. Falls die Sprache nicht mal wieder ihr Gleichgewicht verliert: »Siehe. Die Sprache balanciert auf hochgespanntem Seil, stürzt ab / wenn sie herunterblickt auf den Gegenstand, über den sie spricht.« Die Welt ist, was der Fall ist; nicht nur in diesem – voller Wortspiele und Bildlust brillierenden – Lyrikband.

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