Eine Empfehlung von Marie Luise Knott
Wir tauschen Ansichten und Ängste wie weiche warme Tiere aus
hochroth, München 2021, 40 Seiten, 8 Euro
Wem kann man sich zuwenden, wenn man doch weiß, dass alles Schöne zerstiebt, dass alles, woran wir unser Herz hängen, jederzeit verschwinden kann? Solche und ähnlich existenzielle Fragen durchziehen völlig unspektakulär den zweiten Gedichtband von Slata Roschal; dazwischen scheint die Sehnsucht auf, es gäbe nicht nur Bedeutungen, sondern auch Begegnungen. Alles bleibt in der Schwebe. In »gefährlich guter Sprache« (Max Fluder) und subtiler Lakonie prallen ferne und unmittelbare Bilder aufeinander. »Man sagte mir ich kam zu früh zur Welt / Ich weiß nicht ob es stimmt und wer mich dazu zwang / Ob ich am Täter Rache nehmen sollte.« Das wechselnde lyrische Ich (»Schaut, sie ist ein Junge«) wähnt sich unter heimlicher Beobachtung, von Meisen, Silberfischen und Nachbarn; Brathendln wachsen Federn, Fliegen wählen sich das Ohr des Menschen zum Quartier und »Im Garten grub der beigesetzte Hamster neue Gänge.« In dieser Welt am Rande des Zusammenbruchs finden sich Slogans und Werbesprüche eingestreut, als gäben sie den Ansichten und Ängsten Halt. Lesen Sie selbst.