Ronya Othmann: die verbrechen

Eine Empfehlung von Nora Bossong

Ronya Othmann
die verbrechen

Hanser, München 2021, 112 Seiten, 20 Euro

Schon der Titel von Ronya Othmanns Debütband die verbrechen ist eine Ansage, wenn nicht ein Aufruf. Mit einem lyrischen Du begeht die Autorin eine von kriegerischer Gewalt geprägte Region des Nahen Ostens, die ihr gleichwohl verschütteten Halt zu geben verspricht. Ihre Kartographie ist so persönlich nah wie dezidiert politisch, wenn »schon zu Beginn fällt, was du nicht sagen kannst / oder nicht gesagt werden kann«. Mal fast kindlich schlicht, mal auch mit wohldosiertem Pathos und immer wieder bildmächtig, liest Othmann die Landschaft als ein Logbuch des Einstigen, des Beraubten. Ihre Gedichte setzen sich zusammen zu einer großen Erzählung von gewaltsamem Verlust, von Vertreibung und Krieg, von Tod und Trauer. Und doch zeugen ihre Zeilen von einer Hoffnung, die in der Sprache, im Sprechen gründet: »wovon du sprichst, / wenn du geröll meinst, was nach dir ruft, wenn du / fort bist.«

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