Roberta Dapunt: Synkope/Sincope

Eine Empfehlung von Kristina Maidt-Zinke

Roberta Dapunt
Synkope/Sincope

Italienisch – Deutsch. Übersetzt von Alma Vallazza und Werner Menapace. Folio, Wien/Bozen 2021. 160 Seiten, 20 Euro

In der Medizin bezeichnet die Synkope eine kurze Bewusstlosigkeit, in der Linguistik die Tilgung eines unbetonten Vokals, in der Verslehre den Wegfall einer Senkung, in der Musik die Verschiebung der Betonung auf eine »leichte« Zählzeit. Im preisgekrönten Gedichtband der Südtirolerin Roberta Dapunt, die bis vor einigen Jahren mit ihrem Mann einen Bergbauernhof bewirtschaftete und zunächst auf Ladinisch schrieb, könnte man nach der metaphorischen Bedeutung des Titels fahnden. Fesselnder aber ist das Netz der Beziehungen, das sie zwischen Körper und Landschaft, zwischen Orten und Menschen, Lebenden und Toten knüpft, in einem reichen, erdenschweren und doch melodisch fließenden Italienisch. Und ebenso spannend sind die Versuche zweier Übersetzer, etwas von der Intensität dieses Idioms ins Deutsche zu holen, zum Teil im direkten Vergleich der Versionen, oft ungeglättet und ungeschönt. Parallel zur Entdeckung einer bedeutenden Lyrikerin aus einem kulturellen Grenzland öffnen sich hier Einblicke in den Maschinenraum des Sprachtransfers.

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