Margret Kreidl: Schlüssel zum Offenen

Eine Empfehlung von Daniela Strigl

Margret Kreidl
Schlüssel zum Offenen

Edition Korrespondenzen, Wien 2021, 114 Seiten, 18 Euro

Das Akrostichon als poetisches Instrument mag aus der Mode gekommen sein, doch hier wirkt das Regelwerk nicht streng und einengend, vielmehr wie eine Spielanleitung. 107 Gedichte hat Margret Kreidl geschrieben, Siebenzeiler allesamt, die Anfangsbuchstaben der Verse ergeben jeweils das Wort GEDICHT. »Gedichte aus dem Ärmel schütteln, / ein leichtes Zurückzittern, keine Angst«, die Reverenz gilt Mayröcker, Anne Carson, Sappho. Der »Schlüssel zum Offenen« – macht er sich selbst überflüssig? Kreidl setzt das Gedicht, »flüssig« und »überschüssig«, gegen die große Erzählung, doch auch sie hat etwas zu erzählen, im Kleinen, pointiert und witzig, konkret, nicht kryptisch, bisweilen äußerst lapidar: »Geboren, gestorben, Grabstein.« Von Krieg und Folter seit Goya schlägt sie den Bogen zur politischen Gegenwart: »Die neue Mitte zerstreut sich nach rechts.« Zwischen Handwerk und Manufactum firmiert der Nobelpreisträger aus Kärnten als »großer Trotz aus Eichenholz«. Unzimperlich die Bilanz der Pandemie: »Wer nicht / twittert, wird gestorben sein.« Deshalb »Carpe diem«: »Der Wein redet viel gutes Latein.«

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