Birgit Kreipe: Aire

Eine Empfehlung von Nico Bleutge

Birgit Kreipe
Aire

kookbooks, Berlin 2021, 92 Seiten, 19,90 Euro

Auf dem Umschlag gleiten schwarze Bälle durch ein Meer aus Farben. Zahllose Nuancen von Grün, die nicht nur diese Wellenlandschaft tönen, sondern sich auch in der Schriftfarbe wiederfinden und selbst das Porträtfoto der Autorin bestimmen. Birgit Kreipe macht die verfestigten Wörter und Bilder der alltäglichen Sprache wieder flüssig, bringt Gefühlsklischees in Bewegung und denkt Wahrnehmungsmuster neu. In ihrem vierten Gedichtband versenkt sie sich in die Farbwelten von Gemälden, in Francesca Woodmans Fotografien etwa oder in Gerhard Richters Park-Bilder. In Richters abstrakte Flächen imaginiert sie konkrete Wesen, »wo augen waren, grün, weiß / die sekundenaugen im laub«. Wasserspinnen und »nichtvögel« kommen heran, entfernen sich wieder. Dazwischen »glutnester«, »frische, erdbeerrote scham« und – »grünblitzend«, »magnesiumweiß« – die Spuren der Königin des Parks. Es ist wundersam irritierend und euphorisierend zugleich, mit Birgit Kreipe zu staunen und sich von ihrem sprachglitzernden »aalzauber« verwandeln zu lassen.

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