Archilochos: Gedichte

Eine Empfehlung von Joachim Sartorius

Archilochos
Gedichte

Griechisch – Deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Kurt Steinmann. Reclam, Stuttgart 2021, 119 Seiten, 6,80 Euro

»Denn des Herrn Dionysios schönes Lied anzustimmen / versteh ich, den Dithyrambos, vom Wein zusammengedonnert im Zwerchfell.« Diese Selbstauskunft gibt uns der griechische Dichter Archilochos, der im siebten Jahrhundert auf den Kykladeninseln Paros und Thassos lebte. Er war Krieger und Dichter zugleich, liebte es, mit Worten wie mit Schwertern zu hantieren: »Ich bin Diener des Herrn Enyalios (also des Kriegsgottes Ares) und bin kundig des lieblichen Geschenks der Musen.« Indem Archilochos frei und unverstellt von seinen offenbar vom Wein befeuerten Gaben, von seinen Emotionen und Erlebnissen spricht, hat er die Welt, in den Worten von Kurt Steinmann, »ein Stück weit entgöttlicht und somit vermenschlicht«. Er kann als Begründer der persönlichen Lyrik des Abendlandes gelten. Etwa 300 Fragmente gibt es von seinen Gedichten. Dass diese Bruchstücke uns wie Vollkommenheitssplitter anmuten, ist der Verdienst seines Übersetzers. Er meidet das Archaisierende, aber auch das allzu flapsige Modernisieren und trifft genau den lyrischen Ton. So in dem lebensklugen Fragment: »... über das Erfreuliche freue dich und über das Schlimme klage / nicht zu sehr. Erkenne, was für ein Rhythmus die Menschen hält«. Hier ist die früheste Textstelle, in der das griechische Wort »Rhythmus« bezeugt ist.

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