Anja Utler: kommen sehen. Lobgesang

Eine Empfehlung von Nico Bleutge

Anja Utler
kommen sehen. Lobgesang

Edition Korrespondenzen, Wien 2020, 127 Seiten, 18 Euro.

Eine Dystopie in Gedichtform. Eine Welt in einem späten 21. Jahrhundert, in der es kaum mehr Wasser gibt und die Sprache ebenso zerstückt ist, wie es die Lebensräume der übrig gebliebenen Menschen sind. Eine Mutter, die zu ihrer Tochter spricht, sie anspricht, wegspricht und dann wieder ganz nah zu sich heranspricht. Die Mutter streift durchs Zimmer, die Tochter hört zu oder »rennt hin und her in dem Sandloch in das / kein Gras sich mehr setzen wird«. Bei aller Härte der vielen Körperbilder ist den Versen auch eine fast ethisch zu nennende Zartheit eingeschrieben, eine große Aufmerksamkeit für die feinsten Regungen eines jeden Lebewesens. Hier kann man sich an »Blumentierchen« erinnern oder erfahren, »wie zappeln sich für eine Pflanze anfühlt«. Anja Utler arbeitet wort- und klangbetont, setzt auf Lücken im Sprechen und auf Paradoxien. So entsteht eine »Bewegung / wie still stehn stürzen« in einem vielfältig schillernden Text, der »an Dicke an wilder Dichte« kaum zu übertreff en ist.

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