Anja Kampmann: Der Hund ist immer hungrig

Eine Empfehlung von Michael Krüger

Anja Kampmann
Der Hund ist immer hungrig

Hanser, München 2021, 120 Seiten, 20 Euro.

In dem Buch Vom Sein zum Leben des Sinologen François Jullien fand ich dieser Tage: „Spätestens seit Mallarmé liest man ein Gedicht nicht mehr einzig aufgrund seiner Leidenschaft für einen Sinn und wegen seiner Entschlossenheit, sondern auch, um zu erfahren, was es in einer nicht ‚logischen‘ Weise ‚zusammenhält‘, ja, was sogar den logos herausfordert, aber trotzdem ‚wirkt‘.“ Daran musste ich beim Lesen des wunderbaren zweiten Gedichtbandes von Anja Kampmann denken, dessen Ton und Anmutung mich vor jeder Wahrnehmung inhaltlicher Aspekte berührt hat. Ein grosser Teil dieser Gedichte beschäftigt sich mit Erinnerungen an eine Jugend auf dem Lande oder jedenfalls am Rand der Stadt; vom Elbstrand ist die Rede oder vom Duvenstedter Brook, von Renekloden und Korn, Knutschflecken und dem Schreien der Rinder und Kraniche. Aber es wird nicht abgehandelt, um es loszuwerden, weil „es einmal gesagt werden muss“, sondern um ein Gewebe herzustellen, eine Stimmung, um die Verfassung der 1983 geborenen Dichterin wiederzugeben: „verirrt sind wir / auf alte weise keucht der wind / ein ufer nach dem andern in das land / wo alles rätsel ist und abbricht / und ohne uns auch neu beginnt.“

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