Anne Carson: Rot

Eine Empfehlung von Joachim Sartorius

Anne Carson
Rot

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Anja Utler. S. Fischer, Frankfurt am Main 2019, 320 Seiten, 24 Euro.

Das Werk der kanadischen Gräzistin Anne Carson weist eine Härte, eine Unnachgiebigkeit auf, die uns ›griechisch‹ vorkommt, vielleicht weil große Gefühlsregungen drastisch-körperlich ausgemalt und Ideen und Personen über Jahrtausende hinweg ungewöhnlich kühn kurzgeschlossen werden. Michael Ondaatje nannte »Die Autobiographie von Rot« ein »herrliches Bastardbuch, eine seltsame und ehrgeizige Brücke zwischen antiken Texten und zeitgenössischer, autobiographischer Poesie«. Der Roman zeichnet zentral die unglückliche Jugend von Geryon nach, einem rotgeflügelten Monster, uns vor allem durch die zehnte Arbeit des Herkules bekannt, der das Ungeheuer tötet und seine roten Rinder raubt. Carson entspinnt daraus eine unbändige, laszive, verrückte Liebesgeschichte zweier Halbwüchsiger in einem unbestimmten Heute. Die Übersetzerin Anja Utler zeigt nicht nur einen sechsten Sinn für die Klangregister und Textsorten des Originals, sondern findet auch für die besondere Form des Fortsetzungromans, Rot Doc > mit seinen zentriert gesetzten Kurzversen, eine bravouröse Lösung.

Weitere Infotmationen: S. Fischer Verlag

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