Andrew Duncan: Radio Vortex

Eine Empfehlung von Marion Poschmann

Andrew Duncan
Radio Vortex

Brueterich Press, Berlin 2016, 168 Seiten, 20 Euro.

Herausgegeben von Norbert Lange. Aus dem Englischen von Konstantin Ames, Thomas Kling, Jan Kuhlbrodt, Norbert Lange, Ulf Stolterfoht, Barbara F. Tax und Hans Thill.

Die Pathosformel von Andrew Duncan ist ein weiter poetischer Bogen, der globale und historische Tableaus der Verlorenheit umspannt. Vom Kurgan der Skythen geht die Bewegung zum Sarkophag in Tschernobyl, vom Raketenkonstrukteur Sergej Koroljow zu den Insassen der Staatlichen Besserungsanstalt in Perm. Andrew Duncan folgt den Spuren der Macht, die sich durch die Geschichte ziehen, folgt den ideologisch geprägten Sehnsüchten durch die großen Räume und Träume der Menschheit, und er zeigt deren Opfer in ihrer einsamen Körperlichkeit. Ausgehend von einigen Gedichten, die seinerzeit noch Thomas Kling übersetzte, konnte Norbert Lange eine Reihe renommierter Mitstreiter gewinnen, um eine zweisprachige Auswahl aus 30 Jahren zu präsentieren. Mit Kling teilt Duncan das Interesse an visuellen Medien, an Ethnographie und Relikten schamanischer Kulturen, die Geste des Aufbegehrens und die durchaus feinfühligen Selbstbeobachtungen, letztere immer verdeckt von lässigem Trotz.

Andrew Duncan, geboren 1956 in den Midlands, ist Lyriker und Theoretiker. Er lebt in Nottingham.