Christoph W. Bauer: stromern

Eine Empfehlung von Michael Krüger

Christoph W. Bauer
stromern

Haymon Verlag, Innsbruck 2015, 136 Seiten.

›Stromern‹ heißt so viel wie ›ziellos wandern, sich herumtreiben (statt zu arbeiten), streunen oder strolchen‹, in Österreich heißt es: ›strawanzen‹. Der aus Innsbruck stammende Dichter Christoph W. Bauer bevorzugt natürlich die erste Bedeutung: die nicht auf ein Ziel hin gerichtete Bewegung. Ersetzt man Bewegung durch Schreiben, hat man die Definition der Poesie, wie sie Paul Valéry gegeben hat. Bauer, 1968 in Kärnten geboren, hat sich als Begleitung für seine sehr unterschiedlichen Wanderungen den französischen Dichter des Spätmittelalters François Villon gewählt, den großen Dichter von Balladen über die Zweifelhaftigkeit des Ruhms, der Ehre, der Anständigkeit. Mit Villon ist er unterwegs in Kärnten oder Paris, in den Welten der Mythologie und der sehr realen Gegenwart. Bauer ist ein belesener Dichter und ein Kenner der Geschichte der Formen, aber auch ein Eulenspiegel, der vermischen und verwandeln kann: »fremd bin ich eingezogen unter meine haut« beginnt ein Gedicht, das mit der Zeile endet: »ich weiß nur eins: fremd zieh ich wieder aus.« Es wäre schön, wenn dieser kluge Vagant bei uns etwas bekannter würde!