Paulus Böhmer: Zum Wasser will alles Wasser will weg

Eine Empfehlung von Jan Wagner

Paulus Böhmer
Zum Wasser will alles Wasser will weg

Verlag Peter Engstler, Ostheim/Rhön 2014, 236 Seiten.

Seit Jahren schreibt Paulus Böhmer epische, um eine Mittelachse mäandernde Gedichte, die alles umfassen wollen, weil ja auch um uns alles gleichzeitig ist, Schmutz und Schönheit, die Scheußlichkeiten der Geschichte und das Leuchten der kleinen Dinge – Gedichte, die so, Unmöglichem trotzend, Größe gewinnen. So steht auch hier Bombastisches neben Banalem, gehen bizarre Bilder in Anmutiges über, apokalyptische Szenen in Alltagsskizzen. Zentrales Motiv ist das Wasser, und die Ohm aus Böhmers Kindheit windet sich durch alle Teile des Poems, das selbst Strom ist mit zahlreichen Seitenarmen, mal zornig brausend, mal verblüffend zärtlich, hier mit erzählerischer Breite, dort mit lyrisch glitzernden Pools. All das entwickelt einen unwiderstehlichen Sog. Wer an Whitman als Ahnherrn dieser Dichtung denkt, die Aufzählungen sowie kunstvolle Wiederholungen als Stilmittel nutzt und die von der kosmischen Rundumschau aufs Detail zu zoomen versteht, liegt sicher nicht falsch – und wird auch in Böhmers Langgedicht einen »Song of Myself« erkennen.