Jouni Inkala: Der Gedankenstrich eines Augenblicks

Eine Empfehlung von Holger Pils

Jouni Inkala
Der Gedankenstrich eines Augenblicks

Wunderhorn Verlag, Heidelberg 2014, 80 Seiten.

Aus dem Finnischen von Stefan Moster.

Mit »Der Gedankenstrich eines Augenblicks« erscheint zum zweiten Mal ein Band des 1966 geborenen finnischen Dichters Jouni Inkala in deutscher Übersetzung. Der Titel dieser Auswahl, ein Querschnitt aus sechs Bänden von 2002 bis 2012, ist gut gewählt: Der Gedankenstrich markiert den Ort dieser Gedichte – ein Innehalten im Hier und Jetzt, ein Gewahrwerden des Moment, in dem sich das Ich nachdenklich umschaut und zugleich fragt, wie es weitergehen kann. Die Gedichte führen zu diesem individuell erlebten Augenblick zwischen dem Vergangenen und Zukünftigen, in dem sich manchmal die Menschheitserinnerung vordrängt: Sie holen die Antike oder die Geburt der Gletscher genauso in die Gegenwart wie die eigene Kindheit. So setzt der Mensch sich ins Verhältnis zum Lauf der Welt und erfährt, dass er vergänglich ist wie der Moment. Inkalas Gedichte sind eine Schule der Gelassenheit, denn sie erscheinen im ruhigen Einverständnis mit dieser Einsicht, die nie thesenhaft formuliert, sondern immer konkret wird. So sehen wir Anna Achmatowa, wie sie im Angesicht des Todes zu einem Vers anhebt – ein Höhepunkt in diesem Band, der in der in der auch sonst beachtenswerten Reihe P im Wunderhorn Verlag erschienen ist.