Levin Westermann: 3511 Zwetajewa

Eine Empfehlung von Michael Braun

Levin Westermann
3511 Zwetajewa

Matthes & Seitz, Berlin 2017, 160 Seiten, 20 Euro.

Überall ist Wasser, ein stiller Ozean, ein kleines Schiff sitzt fest, und es besteht keine Hoffnung mehr, das rettende Land zu erreichen. Das ist ein zentrales, aus einer Erzählung des britischen Autors Iain Banks gewonnenes Motiv in den dunklen Traumgesichten, den halluzinatorischen Bildern der Verlorenheit und des Untergangs, die der Dichter Levin Westermann in seinem Gedichtband 3511 Zwetajewa in minimalistischen Vignetten entfaltet. In drei Gedichtzyklen, gebunden an die Werke und Biografien seiner literarischen Portalfiguren Anton Tschechow, Simone Weil und Marina Zwetajewa, evoziert Westermann Erfahrungen mit der Vergänglichkeit, dem Zeitvergehen und der existenziellen Randlage des Schriftstellers: »Ich bin zum Beobachter geworden. / Die Seele versteckt sich in ihrer letzten Festung / und beobachtet wie ein Tier die anderen Seelen – / oder deren Abwesenheit.« Diese stillen, gerade durch Aussparung und metaphorische Kargheit eindringlichen Gedichte sprechen von der existenziellen Ausgesetztheit jedes wahren Dichters. Eine ebenso poetisch intensive wie verstörende Hadesfahrt.

Levin Westermann, 1980 in Meerbusch geboren, lebt als freier Schriftsteller in Biel (Schweiz). Sein Lyrikdebüt „unbekannt verzogen“ veröffentlichte er 2012.

Weitere Informationen: Matthes & Seitz