Birgit Kreipe: Soma

Eine Empfehlung von Marion Poschmann

Birgit Kreipe
Soma

kookbooks, Berlin 2016, 80 Seiten, 19,90 Euro.

Über das Leben im Kinderheim hat man wohl selten so eindringlich und bildprächtig gelesen. Gesellschaftliche Verwerfungen zeigen ihre Gewalt zuerst an den Schwächsten, aber für Sentimentalitäten ist hier kein Platz. Oszillierende Erscheinungen von verstörender Schönheit geistern durch das Heim, Kinderkobras, Monstererkältungen, ein vergessliches Stiefkind, ein leuchtendes Lieblingskind, Kinder mit Mückenschwärmen im Herzen. Soma, das griechische Wort für Körper, scheint in diesem Gedichtband eine Engführung von Traum und Trauma. Als Gegenbegriff zur Seele ist soma dennoch der Schauplatz, an dem sich die Seelenbewegungen abspielen. In ihren Gedichtkörpern versucht Birgit Kreipe, Eindrücke in ihrem vorbewussten Zustand zu erfassen, jedenfalls an einem Punkt, an dem sie noch nicht die Filter der Alltagsmentalität erreicht haben und konventionell geworden sind. So entstehen Verse, die in ihren Wendungen, Brüchen und Berührungen völlig überraschend sind und doch einleuchtend, ja geheimnisvoll vertraut.

Birgit Kreipe, geboren 1964 in Hildesheim, lebt als Lyrikerin und Erzählerin in Berlin.

Weitere Informationen: Fixpoetry