István Kemény: Ein guter Traum mit Tieren

Eine Empfehlung von Michael Krüger

István Kemény
Ein guter Traum mit Tieren

Matthes & Seitz, Berlin 2015, 134 Seiten.

Ungarisch – deutsch. Aus dem Ungarischen von Orsolya Kalász und Monika Rinck.

»Ich wasche meine Hände, aber in Dreck, in Blut – / wir werden nie mehr unschuldig sein, weder du – noch ich.« Aus Ungarn hört man im Moment wenig Gutes. Die Gesellschaft, die sich 1989 die Demokratie erkämpft hat, ist entweder dabei, sie abzuschaffen, oder muss zusehen, wie sie abgeschafft wird: »Die Welt ist nicht zugrunde gegangen. / Das ist keine Welt mehr, / die zugrunde geht« – heißt es in einem der Gedichte dieses großartigen Dichters, der mit unfassbarer Leichtigkeit schweres Gerät stemmt. Mit schöner Bravour und nicht nachlassender Melancholie geht er auf der schmalen Grenze zwischen Gut und Böse seinen Weg, spricht mit Gespenstern und mit Königen, schreibt Nachrufe auf die große Liebe und Elogen auf den Kleinmut, ihm ist der ferne Olymp mit seinen Göttern ebenso vertraut wie das geheime Leben der Dinge – mit einem Wort: Er ordnet als Dichter die Welt neu, ohne sich Illusionen hinzugeben. »Mein Leben kann auch ohne ein großes Finale / zu Ende gehen, still wie die Zeile eines Gedichts.« Nach den vielen wunderbaren Prosa-Schreibern endlich mal wieder ein großer Dichter aus Ungarn! Für mich nach György Petri der interessanteste, beste, lesenswerteste!